Mein Dantian und ich – oder was Qi Gong so mit einem anstellt
Dantian, chinesisch 丹田, Pinyin Dāntián, W.-G. Tan-t’ien ‚Zinnoberfeld‘, japanisch Tanden, manchmal auch Dantien geschrieben, ist ein Begriff aus dem Daoismus, der die „energetischen Zentren“ des Körpers bezeichnet.
Beim Qigong und den Inneren Kampfkünsten bezeichnet Dantian (insbesondere das sogenannte Untere Dantian) den energetischen Schwerpunkt eines Menschen. Beim Heilen, Energetisieren und bei der daoistischen Meditation wird die Aufmerksamkeit auf diese Regionen gelenkt.
Es werden drei Dantians unterschieden – das Untere, Mittlere und Obere – wobei das Untere oft einfach als das „Dantian“, „Mitte“ oder „Zentrum“ bezeichnet wird. Die Dantian werden mit den daoistischen Begriffen von Vitalität (Jing), Energie (Qi) und belebendem Geist (Shen), den sogenannten Drei Schätzen des Menschen, assoziiert.
Aller Anfang ist… überwältigend
Gut, dass man für QiGong keinen Eignungstest bestehen muss. Als ich nämlich mit QiGong bei Konstantin Rekk anfing, wäre ich schon an der Frage gescheitert, was Selbiges eigentlich ist – ich hatte einfach die Empfehlung von Bekannten, die sagten, es täte extrem gut. Also ging ich zum Montagskurs „Dantian-Arbeit“. Von dieser ersten Stunde sind mir mehrere Dinge im Gedächtnis geblieben: erstens, dass man gar nicht glauben sollte, wie anstrengend Rumstehen sein kann, zweitens, dass ich von dem ganzen Fachchinesisch zu Akupunktur-Punkten, Energiezentren und Meridianen rein gar nichts verstanden hatte, und drittens, dass ich hinterher 20 cm über dem Boden aus dem Dojo geschwebt bin.
Letzteren Effekt erlebe ich immer noch nach den meisten Stunden – ganz so extrem wie anfangs nehme ich es nicht mehr wahr, aber ich fühle mich nach QiGong einfach rundum gut, ausgeglichen und aufgeladen. Und die ersten beiden Punkte verbesserten sich mit der Zeit: die Beinmuskulatur wuchs mit ihren Aufgaben, und durch Konstantins Erklärungen und eigenes Nachlesen wurden auch die chinesischen Begriffe bald vertrauter. Nur ein entscheidender Faktor stellte sich erst mit deutlicher Verzögerung ein: das Qi-Gefühl.
Fake it, fake it until you make it … oder der Weg der kreativen Einbildung
In einer QiGong-Stunde gibt es öfter Anweisungen wie „wir sammeln das Qi im Dantian“ (das ist das Energiezentrum 2-4 Fingerbreit unter dem Nabel). Ungefähr ein Jahr lang hieß das übersetzt für mich: „ich versuche angestrengt, mir einzubilden, ich würde so etwas wie Qi oder ein Dantian fühlen“. Das war schon frustrierend, und mehr als einmal überlegte ich, es gibt doch auch Menschen, die keine Weisheitszähne haben – vielleicht bin ich einfach ohne Dantian auf die Welt gekommen?
Ich fragte Konstantin, wie zum Teufel man eigentlich ein Dantian bekommt, und seine Antwort war: „wie die Henne, die ein Ei bebrütet, bis es schlüpft“. Na toll, da kam ich mir natürlich gleich viel weniger doof vor beim eingebildeten Schicken von eingebildetem Qi in eingebildete Energiezentren. Aber, wie gesagt, die eingebildete Energiearbeit fühlte sich ja ziemlich gut an, deshalb blieb ich dabei.
Und eines schönen Tages, als ich im Bus saß und an alles andere dachte als an Dantians, stellte ich plötzlich fest: irgendwas ist anders… Da war so ein merkwürdiges Gefühl im Unterbauch, eine Mischung aus Kribbeln und Wärme. Ich konnte es kaum glauben, sollte ich endlich mein Dantian entdeckt haben, oder vielmehr, mein Dantian mich? In den folgenden Tagen versuchte ich, so oft wie möglich dieses Gefühl im Unterbauch wiederzufinden – ich wollte ja nicht, dass sich mein Dantian wieder verflüchtigte, weil es sich vernachlässigt fühlte.
Fazit: Never give up!
Meine hingebungsvolle Pflege scheint sich ausgezahlt zu haben. Ich spüre mein Dantian zwar nicht immer, und wenn dann auch nicht immer gleich intensiv, aber ich kann mich darauf verlassen, dass es da ist. Durch diese Erfahrung bin ich ein bisschen entspannter geworden, was mein Üben im QiGong angeht. Ich habe gelernt, dass ich mich ständig weiterentwickele, aber damit leben muss, dass der Fortschritt nicht geradlinig verläuft, sondern sich Durchbrüche, Stagnation und gefühlte Rückschritte auf unvorhersehbare Weise abwechseln. Es ist ein Abenteuer, aber ich bin mir sicher, dass die Entdeckungsreise zum eigenen Qi sich positiv auf alle Lebensbereiche auswirkt.
Ist eine coole Sache, so ein Dantian – ich kann nur jedem empfehlen, sich eins zuzulegen.
Hier geht es zur Fortsetzung von Miriams Qigong-Reise – „Die Reise geht weiter … Erfahrungen mit Qigong und Meditation“
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Danke, liebe Miriam,
für diesen feinen kleinen Text, der mir Mut und Lust macht, weiter zu
machen… Und das kraftvolle und/oder schwebende Gefühl nach den Stunden
mit Konstantin oder Harald ist mir gut vertraut!
Hilke
Vielen Dank für Dein Feedback!
Danke Miriam..